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BERLIN 2022 /
OSLO & OTHER CITIES 2024

Anna Ehrenstein
mit 4DHD

AL/DE/BR/SE

Coffee Ground Imaginaries (2022)

Anna-on-location-pariserplatz-01_photo-by-Daniela-Arriado

AR-Erfahrung mit Zugriff über QR-Codes, die auf Banner und Aufkleber gedruckt sind ●
Dauer: 30’’ je Video, 1-stündiger Gang ● In Auftrag gegeben von Screen City Biennial ● Orte: Archenhold-Sternwarte (Dachterrasse), Gedenktafel Koloniales Dorf Karpfenteich (Trepotower Park, Geolokalisierung: 52.485604, 13.469498), Fassade der Akademie der Künste (Pariser Platz) und Boden vor Büros von Waffenfirmen (Pariser Platz, Geolokalisierung: G98H+Q4 und G98H+5M) ● Anna Enrenstein mit 4DHD, Coffee Ground Imaginaries (2022). Standbild der Produktion. Mit freundlicher Genehmigung der Künstler*innen. 

Lesetipp: Mit einem Klick an beliebiger Stelle sind die Schriftfarben umkehrbar

Tasseographie ist eine Methode der Wahrsagerei, bei der Muster in Kaffeetassen interpretiert werden. Es ist eine traditionelle Methode, die in einem kulturellen Komplex von den Balkanregionen bis nach Bengalen gefunden werden kann, um Gegenwart und Zukunft eines individuellen Menschen zu lesen. Muster und Bilder, die sich in Kaffeetassen im dicken Mokka-Grund formen, nachdem die Flüssigkeit getrunken wurde, werden genutzt, um den Geisteszustand eines Subjekts vorherzusagen. In einer Zeit, in der algorithmische Techniken Muster erzeugen, um globale Zukünfte vorherzusagen und zu materialisieren, nutzen Ehrenstein und 4DHD stattdessen die Technik des Kaffeesatzlesens, um eine alternative viskose AR-Erfahrung zu erzeugen. Ausgehend von einer Performance in 2018 haben Ehrenstein und 4DHD Ehrensteins digitalen Avatar in einen Rezeptor kosmischer Intelligenz umfunktioniert, die aus dem virtuellen Kaffeesatz ausgeht. Ein psychogeografischer Spaziergang nimmt die Teilnehmenden mit auf einen Streifzug durch die urbanen Seelen Berlins, entlang von Bannern und Aufklebern, die sechs verschiedene AR-Arbeiten aktivieren.

Die Banner aktivieren die AR und erzeugen eine Landschaft mit der Animation eines Weisen, der aus dem Kaffeesatz entsteht und kurze Lesungen anbietet. Anstatt sich auf ein individuelles Weissagungsnarrativ zu fokussieren, liest die hellsehende Person gemeinschaftliche, planetare Objekt-Subjekt-Verflechtungen im Kaffeesatz. Die weise Person sieht alternative, kollektive menschliche Potenzialität und überbrückt Lücken zwischen dem Sufi-Mystizismus und Technoanimismus. Die Episoden können linear gelesen werden, funktionieren aber auch auf eine nicht-lineare, singuläre oder zirkuläre Art und Weise. Die kurzen Lesungen, die Ehrensteins Avatar anbietet, drehen sich um Verflechtungen vom durch mystischen Sufismus und künstliche Intelligenz transzendierten Bewusstsein . Visuell enthüllen sie ölige Hyperobjekte und verweben Semantiken gegenwärtiger psychischer, kultureller und ökonomischer Beziehungen mit unaussprechlichen, neu entstehenden Eigenschaften. Die Lesungen sind eine dialogorientierte Zusammenarbeit zwischen Ehrensteins Forschung zu Sufismus und Posthumanismus und Bastos’ und Magnussons Praxis, die sich auf Gegendiskurse zu dominanten Erzählungen im Plattformkapitalismus durch das Spektrum der digitalen Kunst in der erweiterten Realität konzentriert.

Anna Ehrenstein

Anna Ehrenstein lebt in Berlin und Tirana und arbeitet mit verschiedenen Medien in künstlerischen oder kuratorischen Produktionen, wobei sie in den Blick nimmt, wie technologische und digital-materielle Kultur Machtbeziehungen neu formt, und erforscht Formen des Wissens und deren Konstruktion. Wie werden Phänomene wie Generalisierung, Exotisierung oder herablassende Perspektiven verkörpert und wie werden sie in analogen oder virtuellen Geografien zu körperlichen Qualitäten? Fotografie, Text, Video, Installation, Performance und Skulptur werden durch Arbeit in Gemeinschaften und durch prozessbasierte, lang- und kurzfristige künstlerische Forschung und durch Austausch erzeugt. Wie werden wir als Gesellschaft durch Medien und objektbasierte Realitäten produziert? Inwiefern mäandern fotografische Vermächtnisse durch virtuelle und physische Realitäten? Dokumentarische Gespräche sind die Grundlage für Spekulation und theoretische Befragung trifft auf Popkultur im Sumpf des Spätkapitalismus.

Anna Ehrenstein studierte Fotografie und Medienkunst in Deutschland und besuchte Kurse zum Kuratieren in Valletta (Malta) und Lagos (Nigeria). 2022 erhielt sie das INITIAL Stipendium, 2021 das Recherchestipendium der Senatsverwaltung für Kultur und Europa, 2020 den C/O Berlin Talent Award und 2019 ein DAAD-Stipendium, um ein Forschungssemester in Bogota (Kolumbien) zu absolvieren. Zuletzt stellte sie unter anderem auf der Ural Bienniale in Yekaterinburg aus, bei KOW Berlin, der C/O Berlin Foundation, Lagos Biennale, dem Landesmuseum Linz und dem Kunstraum Kreuzberg.

4DHD

Cibelle Cavalli Bastos (They/Them, 1978. Sao Paulo/BR) und Coco Magnusson (They/Them, 1984, Göteborg/SE) arbeiten seit 2018 unter Discount Store Contemporary und seit 2021 als 4DHD zusammen. Sie leben und arbeiten in Berlin, Deutschland.

Unter dem Namen 4DHD arbeiten Bastos und Magnusson als kreative Technolog*innen in plattformübergreifender Praxis und über digitale Medien hinweg zusammen und verflechten Arbeitsabläufe, um komplexe audiovisuelle Augmented-Reality-Erlebnisse und Virtual-Reality-Umgebungen für ihre eigene Kunstpraxis, Kooperationen und Auftragsarbeiten, zu realisieren.

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